Kinder sind Gäste, die nach dem Weg fragen

Heute möchte ich Ihnen einige Gedanken aus dem gleichnamigen Buch vortragen, über die es sich lohnt nachzudenken.

Aus dem Vorwort:
Wenn man ein Kind richtig erziehen will, muss es in seiner Besonderheit angenommen und geliebt werden. Unsere Erziehungsaufgabe ist es, dem Kind ein Heim zu geben und ihm so lange inneren Halt und Förderung zu geben, bis es seinen Weg selbst gehen kann.

Unsere Haltung als Erziehende dem anvertrauten Kind gegenüber könnte etwa so lauten:
Ich freue mich, dass du da bist. Im Haus ist Platz für uns alle. Ich frage nicht, woher du kommst und wohin du gehst. Ich bin bereit, dich auf deinem Weg zu begleiten, damit du sicher gehen lernst. Ich mache dir Mut nicht aufzugeben, wenn Schwierigkeiten kommen. Dein Weg geht zunächst durch ein Land, in dem ich mich besser auskenne. Ich werde um dich besorgt sein und deine Kräfte stärken, damit du freudig und zufrieden dein Leben selbst in die Hand nehmen kannst.

Unsere Zeit ist geprägt von grundlegenden Veränderungen. Es müssen neue Wege gesucht werden, wenn die Menschheit sich nicht selbst in den Abgrund führen soll. Die Erziehung der Kinder stellt uns vor große Herausforderungen.

Die heutigen Eltern bemühen sich zwar in hohem Maße um eine sehr bewusste Erziehung ihrer Kinder. Warum aber misslingt den so engagierten Eltern die Erziehung so häufig?

Was beobachtet man bei sehr vielen Kindern?
Sie brechen bei der geringsten Belastung zusammen.
Ihnen fehlt jede Ausdauer und Hartnäckigkeit Aufgaben zu lösen.
Sie können keine Freundschaften pflegen.
Sie können nicht warten, nicht verzichten, nicht geben sondern nur nehmen.

Das ist zunächst nicht das Versagen der Kinder. Da läuft in der Erziehung etwas falsch.
Einige ganz anschauliche Beispiele werden dargestellt:
Wollte man vor 30 Jahren etwas erfahren von der Welt, so musste man Bücher lesen, reisen, Erfahrungen austauschen. Heute ruft man alle Informationen per Knopfdruck ab – ohne Anstrengung und Nachdenken.
Wollte man früher spielen, so musste man sich Partner suchen und sich mit ihnen verständigen. Heute hat man den Computer-Partner, der alle Wünsche erfüllt – der immer zu Diensten ist, keine Rücksicht erwartet, nie verärgert und immer für mich da ist.

Die Technik führte zum Wandel aller überkommenen Werte.
Durch die Mühe, die sich ein Kind früher geben musste, bekamen die Dinge ihren Wert. Erreichtes wurde geschätzt, Erlebnisse zum Fest. Heute erfüllt sich ein Kind mit Hilfe der Technik schnell und mühelos seine Wünsche, die dann nicht mehr geschätzt werden. Man muss sich ja nicht anstrengen, man ist kaum persönlich beteiligt.
Kinder – wie schon die Eltern – erwerben, genießen, werfen weg......und auf ein Neues!

Das Heimtückische, das die Lebenserfahrung des heutigen Kindes prägt:
Zerstörerische Kräfte – Schmerzen, Unglück, Trauer, Versagen, Angst, Kälte, Einsamkeit, Enttäuschung....-müssen nicht mehr bewältigt werden. Alle „Störungen“ des Lebens werden möglichst schon im Vorfeld aus dem Weg geräumt. Für jedes Ungemach ist ein Gegenmittel zur Hand.

Dieser Entwicklung müssen die jungen Eltern entgegentreten. Wichtige Erziehungsziele müssen sein:
• Willensstärke und Belastbarkeit,
• Bereitschaft, Krisen und Entbehrungen durchzustehen, ohne sich entmutigen zu lassen
• Bereitschaft, zwischenmenschliche Konflikte auszutragen und Versöhnung anzunehmen
• Für sich selber nur soviel Freiheit zu beanspruchen und durchzusetzen, dass es dem anderen nicht schadet

Es gibt durchaus Wege, diese Erziehungsziele auch heute zu erreichen. Die jungen Eltern müssen sich unter sachkundiger Anleitung damit befassen. In den ersten sieben Lebensjahren eines Kindes werden die Grundlagen für die Entwicklung seiner Persönlichkeit gelegt.

Helge Wegmann